27.01.2022

TriCon 2022: Moot Court verhandelt "Goldene Pässe"

© SMJusDEG / Sandrino Donnhauser

Sollte man EU-Pässe kaufen können? Oder ist es ein Verstoß gegen EU-Recht? Studierende aus drei Ländern haben im Rahmen der 1. Trinationalen Rechtsstaatskonferenz diskutiert.

Im Rahmen der 1. Trinationalen Rechtsstaatskonferenz 2022  fand am 27. Januar 2022 ein Moot Court statt, eine simulierte Gerichtsverhandlung, mit Studierenden aus Sachsen, Tschechien und Polen. Der verhandelte Fall orientierte sich an einem Verfahren, das im Jahr 2020 von der Kommission gegen Malta und Zypern eingeleitet wurde. Es ging dabei um die Vergabe sogenannter "Goldener Pässe", die Vergabe von EU-Staatsbürgerschaften gegen Investitionen ins Land.

Dabei kam eine sehr angeregte und interessante Diskussion zu Stande, in deren Rahmen alle wesentlichen Probleme des Verfahrens aufgegriffen wurden.

Einbürgerung und ihre Kriterien

Einen großen Teil der Diskussion nahm die Frage nach den Kriterien zur speziellen Verbundenheit mit dem Mitgliedstaat für eine solche durch Malta vorgenommene Einbürgerung ein. Nach Aussage der Vertreter des maltesischen Staates würden bei dem Einbürgerungsverfahren Hintergrundinformationen bezüglich einer möglichen kriminellen Vergangenheit eingeholt werden. Da hierzu keine näheren Ausführungen in Hinblick auf den Umfang dieser Informationen gemacht werden konnten, stellte dies einen Kritikpunkt der übrigen teilnehmenden Mitgliedstaaten dar. Die Diskussion wurde zwischenzeitlich auf die Frage gelenkt, was für Kriterien sich die Mitgliedstaaten für eine Einbürgerung vorstellen könnten. Hier herrschte große Einigkeit darüber, dass zumindest die von Malta (und Zypern) geforderten Kriterien nicht ausreichen würden. Vielmehr seien zusätzliche Kriterien beziehungsweise ein gemeinsames Konzept zu entwickeln. Die Werte der EU dürften allerdings zu keinem Zeitpunkt "zum Verkauf" stehen.

Wer profitiert von den goldenen Pässen?

Daraus ergab sich aus Sicht der Verhandlungsteilnehmenden ein Verstoß gegen den Vertrag der Europäischen Union. Genauer gesagt handelte es sich um den Grundsatz der loyalen Zusammenarbeit aus Art. 4 III EUV. Es fehle der maltesischen Regelung zum einen an Transparenz, zum anderen wurden durch die anderen Verhandlungsteilnehmer erhebliche Gefahren für die Sicherheit innerhalb der EU befürchtet. Weiterhin würde auch lediglich Malta von den erzielten Einnahmen profitieren. Dies wurde übereinstimmend in Hinblick auf eben diesen Grundsatz der loyalen Zusammenarbeit als nicht hinnehmbar wahrgenommen. Vielmehr habe Malta sich vor der Etablierung dieses Verfahrens weder mit anderen Mitgliedstaaten noch mit der EU diesbezüglich beraten.

Teilnehmende am Moot Court © SMJusDEG / Sandrino Donnhauser

Wer ist zuständig?

Die Debatte drehte sich zudem um die Frage, wie die Kompetenzverteilung in diesem Fall zu bewerten ist. Hier wurde von maltesischer Seite vorgebracht, dass die Regelung bzgl. der nationalen Staatsbürgerschaft eine ausschließliche Kompetenz des Mitgliedstaates sei. EU-Recht würde erst nach der Einbürgerung und dem damit verbundenen Erhalt der EU-Bürgerschaft eingreifen. Dem wurde sowohl von den übrigen Mitgliedstaaten als auch von den Generalanwälten in ihrem Schlussplädoyer entgegengehalten, dass dies zwar grundsätzlich zutreffe. Die Mitgliedstaaten seien allerdings in all ihrem Handeln zu jeder Zeit an EU-Recht gebunden und müssten sich in Ihren Grenzen bewegen. Dementsprechend müsste dieses auch an dieser Stelle immer berücksichtigt werden. 

Vorwurf der Diskriminierung

Ein Verstoß gegen demokratische Grundsätze wurde zwar ebenfalls durch die Mitgliedstaaten vorgebracht, dem folgte die Generalanwaltschaft in ihren Ausführungen allerdings nicht. 

Vielmehr bekräftigten sie noch einmal den Vorwurf der Diskriminierung. So würde der Erhalt der maltesischen Staatsbürgerschaft und der damit verbunden EU-Bürgerschaft für reiche Menschen unverhältnismäßig erleichtert. Drittstaatsangehörige ohne die entsprechenden Mittel würden sowohl höhere Anforderungen erfüllen als auch ein deutlich längeres Verfahren durchlaufen müssen.

© SMJusDEG / Sandrino Donnhauser

Wie hat das Gericht entschieden?

Das Gericht folgte in seiner Entscheidung letztendlich den bereits dargestellten Ausführungen. 

Es urteilte, dass Malta durch die Implementierung der ICS 2013 und 2020 gegen Art. 4 III EUV i.V.m. Art. 20 I AEUV verstoßen habe. Die Sicherheitsbedenken seien hier durchaus begründet in Hinsicht auf die Gefahr der Geldwäsche und der Möglichkeiten des Missbrauchs. 

Interessant waren allerdings die Ausführung bzgl. der nötigen Kriterien zum Nachweis einer Verbindung eines Drittstaatsangehörigen mit einem Mitgliedstaat der EU. So geht das Gericht davon aus, dass sich die Figur der nationalen Staatsangehörigkeit in der heutigen Zeit und vor allem im Schengenraum so gewandelt habe, dass es vielmehr auf den Nachweis einer Verbindung mit der EU als Ganzes ankommen müsse.

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